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Weiter ging es an einem gemauerten Bachlauf entlang, der die Straße begleitete. Wir kamen zum Marktplatz mit dem langgestreckten Bau des Rathauses und den zentral errichteten Denkmälern von Melanchton und Luther. Frühe  stand hier das Schafott, erzählte die Stadtführerin und sie kramte in ihrer Erinnerung eine Geschichte heraus, wie ihr Mann und sie vom Fenster eines am Markt stehenden Hauses aus, eine Hinrichtung beobachten konnten, wie schön und entzückend anzusehen diese war. Am Markt steht auch die Stadtkirche von Wittenberg, in der Luther vorrangig gepredigt hatte, in der auch der erste evangelische Gottesdienst stattfand. Die Stadtführerin erzählte von den Türmern der Stadt die oben in luftiger Höhe ihre Wohnung gehabt hatten, dort sogar eine Ziege hielten, um sich mit Milch zu versorgen. Sie meinte, dass die Kinder des Türmers dort oben aufgewachsen sind und als sie zum ersten Mal auf der Erde standen erstaunt gewesen waren, wie groß Pferde eigentlich sind. Da sie alle viertel Stunden die Glocke zu läuten hatten, fragte man sich außerdem wie die Türmer zu ihren Kindern gekommen seien.

Melanchthon Luther
Am Markt

Wir lachten und gingen weiter durch ein enges Gässchen bis zur Rückseite der Kirche. Dort, an der südöstlichen Außenwand war ein Relief angebracht, welches die Juden verspotten sollte, die sogenannte Judensau. Ein Stück weiter befindet sich der Holzmarkt mit einem Brunnen. Dabei handelte es sich um einen Röhrbrunnen, der zu einer frühen Wasserleitung gehörte, die im 16. Jh. hier für frisches Wasser sorgen sollte. Die Stadtführerin meinte, dass seitdem das Wasser zum Bierbrauen nicht mehr aus dem Bach entnommen wurde, das Gebräu seine Würze verloren hätte. Kein Wunder, wurde doch vor der Wasserentnahme durch Ausrufer darauf hingewiesen, dass am nächsten Tag gebraut würde und dass sämtliches Einbringen von Unrat, Wäschewaschen, Fäkalienzufuhr und ähnliche Sachen zu unterlassen seien. Wer allerdings diesen Ausrufer verpasst hatte ....

Röhrbrunnen

Die Wittenberger seien jedenfalls zum Brauen mit Bachwasser zurückgekehrt, weil das Bier so würziger schmecken würde. Wir sollten uns in den Gasthäusern nicht wundern, meinte sie im Spaß, wenn etwas Trübes im Glas schwimmen würde - einfach umrühren.

Lutherhaus Katharinenportal

Wir lachten und folgten ihr zur Universität von Wittenberg. Im Hof suchten wir uns wieder einen Platz in der Sonne, da es noch immer empfindlich kalt war. Ringsum an den Wänden der Universitätsgebäude waren wieder unzählige Gedenktafeln angebracht, die die Namen derjenigen trugen aus denen hier "auch was geworden war". Nicht  weit entfernt befindet sich das Lutherhaus. Hier, im ehemaligen Augustinerkloster, hatte Luther mit seiner Frau Katharina von Bora gelebt und die Kinder aufgezogen. Ein Denkmal der ehemaligen Nonne stand unmittelbar vor dem nach ihr benannten Zugang zum Haus, dem Katharinenportal. Hier endete unsere Stadtführung und wir verabschiedeten unsere Stadtführerin mit Applaus. Jetzt hatten wir noch etwa anderthalb Stunden Zeit, um uns in Wittenberg umzusehen.

Wittenberg

Die meisten Mitgereisten suchten eine Gaststätte auf, um sich etwas aufzuwärmen und zu essen. Mancher stockte seine Kleidung die er trug auf und gönnte sich ein weiteres wärmendes Kleidungsstück. Einige sahen sich aber auch in touristischer Weise um und besuchten Ausstellungen oder Gebäude der Reformation. Um 13.00 Uhr trafen wir an der Schlosskirche wieder ein, wo unser Bus uns erwartete. Pünktlich ging es weiter zu unserem nächsten Programmpunkt in das Wörlitzer Gartenreich.

Den Parkplatz am Park erreichten wir eine Dreiviertelstunde nach unserer Abfahrt in Wittenberg. Leider mussten wir eine Umleitung fahren und waren daher recht knapp vor Ort. Treffpunkt für unser Programm hier war die Gondelstation. Wir wollten zuerst vom Wasser aus die Gartenlandschaft erkunden. Als Treffzeit war 14.00 Uhr festgelegt worden. Vom Parkplatz aus verfehlten wir jedoch den richtigen Weg und gelangten am falschen Seeufer Ufer auf die Höhe der Gondelstation. Zwischen uns und dem Treffpunkt lag der See, die Roseninsel, der See, die Landzunge einer Halbinsel und wieder der See. Es blieb uns nichts anderes übrig als dreimal mit der Fähre überzusetzen, zuerst zur Roseninsel, dann von hier zur Landzunge und nach deren Überquerung hinüber zum anderen Ufer des Sees. Das Abenteuer hatte begonnen und selbstverständlich waren wir zu spät.